Dreißigjähriger Krieg I | Kriegsausbruch und Machtverhältnisse in Oberschwaben
Der Dreißigjährige Krieg tobte besonders heftig in Süddeutschland. Die Geschichte des Krieges und die Ereignisse in Oberschwaben in fünf Teilen. Teil 1: Ausbruch des Krieges und Machtverhältnisse in Oberschwaben.
Der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) wütete in ganz Europa und besonders in Oberschwaben. Am Beispiel von Bad Waldsee, Biberach und Ravensburg wird das unfassbare Drama des schlimmsten Krieges in Deutschland deutlich. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges, im Jahr 1618, erschien ein Komet am Himmel über Europa. Es wurde darüber spekuliert, ob es ein Zeichen Gottes sein sollte.
Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges 1618
Seit der Reformation von Martin Luther im 16. Jahrhundert gab es eine religiöse Trennung in Europa und dieser Riss zog sich quer durch den Vorläufer Deutschlands. Das Heilige Römische Reich deutscher Nationen unterstand seit Generationen dem größten und mächtigsten Herzog, den die Habsburger stellten. 1618 war es Kaiser Matthias von Habsburg. Doch schon ein Jahr später sollte er von Ferdinand II ersetzt werden. Er war es wohl auch, der den Befehl zur Gegenreformation vorantrieb. Unter dem Motto “ein Reich, ein Glaube” sollte der Katholizismus vorangetrieben werden. Auch in Oberschwaben waren viele Menschen protestantischem Glaubens. Doch Oberschwaben gehörte weitreichend zum direkten Machtbereich der Habsburger. Es gab tatsächlich eine Furcht vor dem Protestantismus, die von den katholischen Kräften geschürt wurde. Denn es ging um Macht und nicht zuletzt um Geld.
Im Jahr 1615 tagten katholische Städte mit dem Thema “Gefahren der protestantischen Union”. Das Knistern des Krieges lag womöglich schon in der Luft.
Machtverhältnisse in Oberschwaben im 17. Jahrhundert
Zu den Ländereien im heutigen Oberschwaben gehörten die einzelnen Reichsstädte wie Ravensburg, Biberach, Überlingen, Wangen, Isny, Leutkirch, Buchhorn (heute Friedrichshafen) oder Ulm. Dann gab es Grafschaften, wie Scheer, Königsegg-Aulendorf, Montfort oder Heiligenberg. Das größte Gebiet unterlag dem Grafen und Truchsessen von Waldburg. Nicht zu vergessen: Das Herzogtum Württemberg und die Fürstentümer Hohenzollern-Sigmaringen und Fürstenberg hatten auch Gebiete inne.
Das größte Areal gehörte den Klöstern und auch davon gab es viele: Kloster Weingarten, Kloster Weißenau, Kloster Salem, Kloster Gutenzell, Kloster Buchau, Kloster Heiligkreuz und Kloster Rot. Zu den Bedeutendsten zählten das Kloster Heggbach, Kloster Schussenried, Kloster Wiblingen, Kloster Marchtal, Kloster Zwiefalten, Kloster Ochsenhausen und das Gebiet des Bischofs von Konstanz. Manche Klöster, wie das in Schussenried, in Weingarten oder in Ochsenhausen, waren Reichsabteien, die dem Kaiser unterstanden.
Auch der Deutsche Orden besaß in Oberschwaben Areale, vor allem in und um Altshausen. Die Abtei St. Gallen gründete viele Klöster in dem Gebiet und hatte daher viel Einfluss, jedoch verlor man im Laufe der Zeit einige Ländereien.
Ansonsten gab es noch eine Reihe von einzelnen Territorien, wie Hochberg, Almeringen, Warthausen, Laupheim, Wain, Bad Tepfenhardt und Zußdorf.
Last but not least: Die (untere und obere) Landvogtei mit Sitz in Weingarten (damals Altdorf) besaß Ländereien im Allgäu, das Gebiet um Baindt (aber nicht Baindt) und Bad Waldsee. Zwischen Donau und Bodensee gab es rund 70 Herrschaftsgebiete.
Situation in Waldsee in Oberschwaben vor dem Krieg
(Bad) Waldsee selbst war eine freie Reichsstadt und damit direkt dem Kaiser unterstellt. Doch in Waldsee stand das Schloss des Grafen von Waldburg zu Waldsee, der auch der Landvogt war. Außerdem schuldete das Haus Habsburg wegen den vielen Kriegen vor allem den Waldburgern eine Menge Geld, aber auch anderen Geldgebern. Daher verpfändete man Gebiete, wie die um Waldsee und zuweilen die Stadt Bad Waldsee selbst. Die Stadt gehörte zur oberösterreichischen Provinz Schwaben, also zum Hause Habsburg. Seit 1406 war es an den Grafen und Truchsess von Waldburg verpfändet. Die Habsburger waren an der Stadt weniger interessiert als die Waldburger und daher vielleicht auch weniger streng in den Auflagen. In jedem Fall war (Bad (erst ab 20. Jahrhundert)) Waldsee damals mit einer Stiftskirche und einem Augustiner Kloster eher katholisch. Ravensburg war derweil eher protestantisch. Derart war das Herrschaftsgebiet der Habsburger in Oberschwaben symbolisch für die Situation in der Zeit im 17. Jahrhundert.
Fensterwurf von Prag | Start der Kämpfe
Der Grund für den Ausbruch des Krieges war der sogenannte Fensterwurf in Prag. Eine Abordnung des katholischen Kaisers (Habsburger) traf damals in Prag ein. Dort herrschte eigentlich Religionsfrieden, doch der existierte quasi nur noch auf dem Papier. Der baldige neue Kaiser, Friedrich II von Habsburg, wollte die Gegenreformation vorantreiben. Er handelte damit nach dem Motto “ein Reich, ein Glaube”. Aber es ging vor allem um die Absicherung der Macht der Habsburger.
Der Kaiser des Heiligen Römischen Reichs wurde denn tatsächlich gewählt, und zwar von sieben Parteien: den drei evangelischen Kurfürsten und den drei katholischen Kurfürsten sowie dem Königreich Böhmen, welches das Zünglein an der Waage war. Um die Macht des katholischen Kaisers zu sichern, hat man evangelische Kirchen geschlossen und nahm den evangelischen Adel in den Fokus der Entmachtung. Dieser war selbstverständlich wenig darüber erfreut und rebellierte. In einem Handgemenge mit den Gesandten des katholischen Kaisers warf der protestantische Adel diese Gesandten aus dem Fenster. Der sogenannte Fenstersturz war vollzogen. Ein solches Vorgehen führte bereits in der Vergangenheit zum Erfolg, denn Böhmen ist nicht nur ein Königreich, sondern vor allem reich und wichtig. Das galt im besonderen Maße für die Habsburger, denen Böhmen gehörte. Der dortige Adel suchte sich anschließend einen evangelischen König: Friedrich von der Pfalz und seine Frau, die Prinzessin von England.
Zusammengefasst: Die Protestanten in Böhmen haben sich dem Zwang zum Katholizismus widersetzt. Das war der Vorwand, aber es ging um das höchste Amt im Lande, die Kaiserwürde, und die gewinnbringende Provinz Böhmen.
Als Antwort auf den “Fenstersturz von Prag” entsandte der Kaiser 1620 Truppen nach Böhmen. Die Verteidigung Prags scheiterte jedoch. Die Truppen waren in der Unterzahl und viele Söldner konnten nicht bezahlt werden. Unbezahlt verweigerten sie den Kriegsdienst. Die Schlacht begann mit 40.000 Söldner aufseiten des katholischen Kaisers und mit 13.000 Soldaten aufseiten der evangelischen Kräfte Böhmens. Die Bilanz war: 5.000 Opfer unter den Protestanten (Böhmen). In den Reihen des Habsburger Kaisers (Katholisch) fielen einige Hundert. Der Kaiser und der Katholizismus obsiegten in der Entscheidungsschlacht am Weißen Berg. Der König von Böhmen floh in die protestantischen Niederlande und in Prag wurden die Rädelsführer hingerichtet. Das war der Auftakt zu einem Krieg, der über 30 Jahre andauern und Millionen Menschen das Leben kosten sollte. Europa wird im Jahr 1648 um ein Drittel weniger Einwohnende zählen.
Im Anschluss an die Schlacht in Prag folgten Schlachten in der Kurpfalz, der Eingriff des Königs von Dänemark und Kriege in Niedersachsen. Ab 1630 griff der König von Schweden in den Krieg ein und später auch der König von Frankreich. Letzterer war zwar katholisch, aber die Frage um den wahren Glauben war längst dem Willen zur Macht gewichen. Der König von Frankreich wollte das Haus Habsburg schwächen, denn dazu gehörte auch Spanien. Damit war Frankreich von den Habsburgern eingezwängt und davon wollte man sich befreien. Schweden wollte sein Machtgebiet im Norden ausdehnen und Dänemark musste sich bald geschlagen geben.