Alter Postplatz & Amtsgericht Biberach | Oberschwaben

Genau wie Ravensburg, sind auch in Biberach noch einige Gebäude aus der Zeit des Mittelalters erhalten; so auch das Gebäude, in dem heute das Biberacher Amtsgericht untergebracht ist.

Genaugenommen sind in dem Gebäude am Alten Postplatz zwei Ämter untergebracht. Neben dem Amtsgericht Biberach ist auch die Außenstelle des staatlichen Hochbauamtes I Ulm dort zu finden. Doch das Gebäude hatte schon viele Zwecke erfüllt, ursprünglich war es mal ein Kloster.

Franziskanerinnenkloster Biberach im Mittelalter bis zur Reformation

Das Kloster war schon 1365 vorhanden, so bekundet es die Chronik des Joachim von Pflummern und das war im Baujahr der Stadtkirche von Biberach. Bis zur Säkularisation war es das Heim des Bettelordens der Franziskanerinnen Sankt Maria de Victoria. Gemeint ist damit die Heilige Maria vom Siege. Der errungene Sieg war derjenige über die Sünde, also die Enthaltsamkeit.

Es war das chronologisch zweite von zwei Frauenordensklöstern, die es in Biberach gab. Ein Männerorden hat sich in Biberach offensichtlich nicht durchgesetzt.

Durch eine Steuerbefreiung des Klosters kam es, trotz der verordneten Armut, zu vermehrten Web- und Wachshandel. Die Nonnen waren außerdem in der Krankenheilung beflissen. Vom Erfolg gekrönt kamen begrenzende Auflagen der katholischen Kirche hinzu, wobei es dennoch zu einer Vergrößerung des Ordens kam. Man kaufte weitere Gebäude hinzu, wie beispielsweise das heutige Finanzamt mit dem Sitz Alter Postplatz 6.

Mit der Reformation, die in Biberach Anklang fand, wurde der katholische Orden hinausgeworfen und die Nonnen begaben sich nach Bad Buchau, in den damals elitären Damenstift. Mit der Einnahme der Stadt Biberach im Jahr 1546 durch die Armee des katholischen Kaisers Karls V. kam die Gegenreformation (Barock), wie in vielen protestantisch gewordenen Städten in Oberschwaben, an. Für Biberach bedeutete dies, sie mussten die Franziskanerinnen in ihr Kloster zurücklassen.

Nahezu 150 Jahre später wurde ein neues Kloster, dessen Teile heute noch stehen, errichtet. Das war konkret am 27. Juni 1697. Bis ins Jahr 1775 erweiterte das neue Kloster sein Terrain und kaufte nach und nach die umliegenden Grundstücke auf, was beim evangelischen Stadtrat ungern gesehen wurde, doch der Reichshofrat gab dem Kloster recht, da die Nonnen eine Schule bauen wollten.

Vom Kloster zum Amtsgericht | Alter Postplatz Biberach

Es folgte ein weiteres Gebäude, das zum Kloster dazu kam, eine Kirche. Doch dann kam die Säkularisation und damit die Auflösung von Klöstern in ganz Süddeutschland – so auch hier. 1803 wurde das Kloster zunächst dem “Deutschen Orden”, der beispielsweise auch in Altshausen aktiv war, und danach zum Herrschaftsgebiet von Baden zugeordnet.

Im Jahr 1806 kam das Kloster an das Königreich Württemberg, das im Gegensatz zu Baden militärischer ausgelegt war. Das Kloster wurde sodann kurzfristig zur Kaserne umfunktioniert, während die Nonnen in Privatgemächern untergebracht wurden und von der Stadt eine Rente bekamen. Im Jahr 1811 wurde die Kirche an den Schreiner Angele versteigert.

Schon 1812 wurde aus der Kaserne das Biberacher Postamt, daher auch der Name des Platzes: Alter Postplatz. Der Besitzer war nun die Fürstenfamilie Thurn und Taxis. Die Kaserne zog unter anderem nach Ravensburg und Weingarten. Die hier gelegene ungenutzte und leere Kirche wurde, auf Befehl des Königs von Württemberg Friedrich I., abgerissen. So entstand der Platz. Vor allem katholische Bürger der Stadt sahen das mit Missmut.

Erhalten ist das Konventsgebäude, das seit dem Jahr 1851 der Sitz des Amtsgerichts in Biberach ist. Nach einigen und langjährigen Renovierungsarbeiten sind heute in dem ehemaligen Klostergebäude neun Richter und viele Angestellte beschäftigt.

Alter Postplatz & Amtsgericht Biberach | Oberschwaben

  • Alter Postplatz 4
  • 88400 Biberach an der Riß
  • Telefon: 07351 59 ext. 0
  • Homepage


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