Oberhalb der Iller im Norden von Aitrach liegt eine Burgruine, dessen Adel bedeutend war. Vielleicht so bedeutend, dass sie sich den Grafentitel selbst gaben.
Eine verwunschene Burgruine eröffnet sich denjenigen, die hier kurz ab- oder aussteigen. Wo die Schlossbergstraße (L314) nördlich von Aitrach fast eine 180-Grad-Kurve vollzieht, liegt die Burg Marstetten. Ein Teil des ehemaligen Herrschaftssitzes, der im Privatbesitz des Hauses Waldburg-Zeil ist, ist baufällig und nicht betretbar. Doch es gab noch eine ältere Burg auf diesem Berg, der Eberhardshöhe genannt wird. Von dieser mutmaßlich antiken Anlage kann man aber nur noch Gräben ausmachen.
Alte Burg Marstetten – Keltenburg Marstetten?
Südlich der heute noch sichtbaren Ruine Marstetten liegt der Burgstall Marstetten. Das Gelände, das von der Straße umfasst ist, war einst der Sitz der ersten Burg Marstetten. Der Platz war wohl gewählt, denn im Osten geht es fast 30 Meter in die Tiefe und im westlichen Teil halb so tief, aber ebenfalls recht steil. Besonders auffällig ist der etwa 23 Meter breite Graben, der das Gelände absondert. Darin befindet sich ein weiteres Wallelement der früheren Burg. Wozu der gedient hat, ist unklar. Im inneren Teil der alten Burg kann man einen weiteren Wall ausmachen, der rund 2,50 Meter hoch greift. Hier stand wohl etwas besonders Schützenswertes.
Etwaige Mauerreste fand man auf dem Gelände nicht, dafür verziegelter Hüttenlehm. Das könnte ein Hinweis auf eine vor- oder frühmittelalterliche Nutzung sein. Der Waldweg basiert wohl auf einer Terrassierung, die ihren Ursprung jedoch im Mittelalter hat. Der Kiesabbau hat die untersuchbaren Überbleibsel der Anlage abgeräumt.
Wann diese Burg erbaut wurde, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Es könnte sich aber sogar um eine keltische Höhenburg handeln. Dergleichen findet sich entlang der Iller öfters wie bei Kirchberg. Die Kontrolle über den Handel entlang und über die Iller stellte sicherlich ein lukratives Geschäft dar. Das galt für das Mittelalter genauso wie für die Antike. Denn hier gab es einen Übergang über den Fluss.
Diese Burg stand aber wohl in keiner Beziehung zur mittelalterlichen Burg auf der anderen Seite der Straße, da der Burgstall etwa sieben Meter höher als die Ruine liegt. Die Terrasse auf der westlichen Seite scheint ebenfalls nicht aus der Zeit dieser Burg zu stammen, da das der Verteidigung abträglich wäre.
Ob sich die Kelten tatsächlich hier bereits 600 v. C. verschanzten, ist unbelegt. Auch eine Zwischennutzung durch die Alemannen im dritten nachchristlichen Jahrhundert ist nicht auszuschließen. Außerdem stellt sich die Frage, warum man diese höhere Position im Mittelalter nicht eingenommen hat? Denn die mittelalterliche Burg Marstetten liegt auf der anderen Straßenseite, der Landstraße in Richtung Bad Wurzach bzw. Treherz, welche noch bis ins 20. Jahrhundert ein Graben war.
Anfänge der mittelalterlichen Burg Marstetten bei Aitrach
Rund 60 Meter über dem Illertal thronte die Burg Marstetten, deren Ruine noch heute das Interesse der Menschen weckt. Was noch zu sehen ist, wurde im 16. und im 17. Jahrhundert verändert und ab dem 18. Jahrhundert sich selbst überlassen.
Unklar ist, warum man die ursprüngliche Burgstelle nicht wiederbelebt hat. Vielleicht war der Platz zu klein. Die neue, mittelalterliche Burg formte ein Dreieck. Zwei Rundtürme und ein Spitzturm bildeten die Enden der Burganlage, deren Befestigungsmauer viel Terrain einschloss. In der Mitte trennte eine Mauer die Vor- von der Hauptburg. Innerhalb der Burganlage stand ein herausragendes Bauwerk mit einer Mauerstärke von 1,70 Meter. Der Bergfried stand wohl auf der südwestlichen Seite, wo auch ein Brunnenschacht ausgehoben wurde.
Der Burg war auch ein Bauhof zugeordnet, dessen Überreste heute noch existieren. Der Zugang zur Burg erfolgte von der Straße her über die westliche Längsseite.
Die im elften Jahrhundert erbaute Burg war der Sitz eines wichtigen Adels, denn für einen einfachen Ministerialen der Welfen war sie wohl zu groß. Aber womöglich begann die Geschichte auch so, dass die Welfen hier eine Burg zum Schutz der Besitzungen erbauten. Für den Baupunkt im elften Jahrhundert sprechen auch die Quader, die aus dem Gebiet der Nagelfluhkette stammen.
Die Welfen hatten viel Besitz im nahen Memmingen und diese Burg lag verkehrstechnisch an einem wichtigen Punkt. Flussverläufe, wie jener entlang der Iller, waren wichtige Handelsrouten und darüber hinaus teilte sich das Straßennetz hier nach Westen und Süden. Vor allem aber lag in der Nähe ein wichtiger Iller-Übergang und der sogenannte Illerzoll wurde auf der Burg Marstetten erhoben. Der Zoll für den Weg über die Iller gehörte schon früh zu der Burg und vielleicht war der Illerzoll auch der Grund für den Bau dieser Burg oder vielleicht sogar schon für die keltische Anlage?
Adel von Marstetten – vom Ritter zum Grafen?
Wer die Burg erbaute, ist nicht überliefert. Auch ihre ersten Bewohner werden nicht erwähnt. Waren es die von Marstetten, dann waren sie entweder keine Ministeriale oder vielleicht halfen die Einnahmen durch den Illerzoll nach.
Womöglich begonnen die Herren von Marstetten, die die Burg im Hochmittelalter bewohnten, auch als Ministeriale im Dienste der Welfen. Die Erhebung von Ministerialen zu Adeligen war eine der Reformen des 11. Jahrhunderts. Die Vasallen dienten dem Schutz und der Erhebung der Abgaben. Sie waren die Außenstellen des Grundherrn und von diesen auch abhängig. Ministeriale stellten den niedrigsten Adel dar und gingen als Ritter in die Geschichte ein, denn sie wurden auch zum Militärdienst herangezogen. Eventuell war auch der Stern der Welfen bereits im Sinken begriffen und der Aufstieg der Staufer führte zu neuen Verhältnissen?
Es ist nicht überliefert, wie und auf welcher Basis die Herren von Marstetten in den Stand eines Grafen erhoben wurden. Womöglich haben sie sich auch selbst dazu ernannt. Der hohe Adel erklärt auch die Größe der Burganlage – einem Grafen angemessen. Vielleicht ermöglichte dies die Verwandschaft zum Hochadel der Markgrafen von Ursin-Ronsberg, welche im frühen 13. Jahrhundert ausstarben.
In den mittelalterlichen Urkunden findet sich beispielsweise ein Graf Bertolf von Marstetten um das Jahr 1100. Auch um 1200 führte der Adel den Grafentitel weiter. 1239 ging der Titel als Mitgift an Berthold II von Neuffen-Weissenhorn über, welcher die Tochter aus dem Hause Marstetten ehelichte.
Eine reguläre Grafschaft war Marstetten aber nicht. Dafür war das Herrschaftsgebiet zu klein. Man verfügte allerdings über die Hohe Gerichtsbarkeit (das Recht, schwere Delikte zu ahnden) in beispielsweise Aitrach, Ferthofen (wo der Illerübergang lag), Marstetten, Mooshausen oder Anhorn.
Die Spur der Grafen von Marstetten verliert sich im 13. Jahrhundert. Die Burg und Herrschaft Marstetten wurden 1281 vom Habsburger König Rudolf an das Kloster Kempten übergeben. Der letzte Eintrag über einen Ludwig von Marstetten erscheint 1288. Er war im Gefolge des Abts von Kempten. Er war also ein Vasall, ein Gefolgs- und Heermann, und das entspricht kaum dem Stand eines Grafen.
Inzwischen wohnten die Grafen von Neuffen-Marstetten in dem Adelssitz. Auch sie stellten sich auf die Seite der Staufer und wechselten später in die Opposition. Der Abt von Kempten verkaufte die Burg und Herrschaft 1294 an die Herren von Eisenburg, während der Adel von Neuffen-Marstetten noch immer darin residierte. Der Herr von Eisenburg war ein treuer Krieger an der Seite des Abts von Kempten und des Kaisers (Habsburger) gegen beispielsweise das Kloster St. Gallen.
Wie das Ende der Marstetter aussah, ist nicht überliefert. Das Ende der Neuffen-Marstetten allerdings schon. Der letzte Vertreter im Mannesstamm wurde Domherr zu Augsburg und die Töchter konnten die Linie nicht weiterführen. Es gab zwar noch einen Sohn, der allerdings nicht legitim war. Die Grafschaft Marstetten fiel mit einzelnen Güterbesitzungen an die Wittelsbacher.
Die Zerstörungen auf Burg Marstetten
Im Jahr 1351 erhielt das Haus Königsegg Burg Marstetten. Sie begründeten auf der Burg eine neue Linie. Dann wurde es lange still um die Burg und die Herrschaft Marstetten. In der Zeit lebten beispielsweise Dorothea von Königsegg (1430) oder der im Königeggwalder Codex erwähnte Luthold III von Königsegg (1467) auf Burg Marstetten.
Als im April 1525 die Bauern im Zuge der ersten Revolution der neuen Zeit das Anwesen eroberten, wurde die Burg Marstetten lediglich von vier Wachen verteidigt. Die Bauern plünderten das Anwesen. Das führte zu einigen Verwüstungen an dem alten Gemäuer.
Dennoch verkaufte der Adel Königsegg die Burg mit einem Gewinn. Für 4.500 Pfund Heller erworben, veräußerte man Marstetten für 100.000 Gulden (was in etwa 2,5 Millionen Euro ausmacht) an den Truchsess Georg von Waldburg. Zum Verkauf gehörte nebst Burg und Herrschaft Marstetten, das Dorf, Höfe und Weiler, Abgaben und Gerichtsbarkeit. Wobei der Blutbann und der Illerzoll dem Kaiser extra als Lehen abgekauft werden mussten.
Zudem führte man ab 1569 auch Reparaturen an der Burg durch. Doch ein Truchsess bewohnte das Gebäude nie. Vielleicht wurde es auch nicht ganz fertig, denn zwischenzeitlich teilte sich die Linie der Waldburger auf. Der Zuschlag über die Burg Marstetten ging an das Haus Waldburg-Zeil.
Doch der Dreißigjährige Krieg in Form der schwedischen Truppen hinterließ die Burg als Ruine. Dieser Krieg endete 1648.
Das vorschnelle Ende des Schlosses Marstetten
Die Erfindung der Artillerie machte Burgen überflüssig. So zog der Adel aus der unbequemen Burg aus und würde fortan in prunkvollen Schlössern logieren. Auch aus der Burg Marstetten sollte nun ein Schloss entstehen. Im Jahr 1693 veranlasste der Graf von Waldburg-Zeil-Wurzach auf eindringlichen Wunsch des Fürstabts von Kempten, die Instandsetzung des Areals. Die Bauarbeiten am geplanten Schloss begannen und sollten des Grafen neue Residenz erschaffen, doch die Geschichte verlief anders.
Spätestens 1721 ließ man den Bau ruhen und errichtete das Schloss Wurzach stattdessen. Dabei waren zu dem Zeitpunkt schon Teile des Schlosses fertiggestellt. Die Ecktürme und das Schlossgebäude standen bereits. Doch die Bauarbeiten wurden nicht mehr weitergeführt. Der Witterung ausgesetzt, stürzte 1740 ein Teil des Gemäuers ein. Dabei handelte es sich wohl um den Torturm.
Zu der Zeit gelang der Zugang zum Schloss über eine überdachte Brücke, deren Zugang über die Alte Burg gelang. Noch heute kann man Pfeiler ausmachen, wovon es ursprünglich sechs gab. Die Brücke überspannte den Halsgraben, der heute durch die Straße ersetzt ist. Der Eingang zum Schloss gelang über einen runden Torturm. Ein weiterer Rundturm lag dem Torturm gegenüber.
1818 eröffnete in den Mauern eine Gaststätte. Noch 1825 wurde das Schloss auf einer Karte als intakt dargestellt. Auch später gab es Bestrebungen, das Gebäude wieder in Betrieb zu nehmen. So sollte zum Ende des 19. Jahrhunderts eine Art Villa entstehen. Doch aus unbekannten Gründen sah man davon ab.
Dort gab es ab 1825 eine Sennerei (für die Käseherstellung) und einen gewölbten Bergkeller. Auch dieser Teil war von der Burgmauer umgeben. Zur Burg gehörte des Weiteren eine Mühle, die mit Einnahmen verbunden ist.
In der südöstlichen Seite gab es einst das Jägerhaus. Es war ein Haus mit Pyramidendach. Der Ursprung des Gebäudes ist im Mittelalter zu vermuten.
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