In der Nähe von Meßkirch entsteht ein Kloster nach einem Plan aus dem 9. Jahrhundert: der Campus Galli.
Der Campus Galli bei Meßkirch ist ein Muss für alle Freunde und Interessierten des Mittelalters. Denn hier entsteht ein Kloster nach dem Vorbild eines Plans des 9. Jahrhunderts, wie ihn Mönche des Klosters Reichenau entwarfen. Der Clou ist, dass man hier auf mittelalterliche Art und Weise arbeitet.
Die Grundlage für das Kloster ist der Bauplan der Mönche aus dem 9. Jahrhundert, kurz nach dem Tod Karls des Großen. Vermutlich handelte es sich dabei um den Bibliothekar des Klosters Reichenau, Reginbert, und seinen Schüler Walafrid Strabo.
Es ist der älteste bekannte Plan für Architektur im christlichen Europa. Er wurde im Jahr 830 erstellt und ist das Vorbild für das Kloster St. Gallen in der heutigen Schweiz. Dort lagert auch das Original. Der Klosterplan enthält 52 Gebäude, die in der Lage, Größe und Funktion beschrieben sind. Sogar die Inneneinrichtungen sind vermerkt.
Der Plan ist wohl ein Masterplan für Benediktinerklöster und sein Name im Verzeichnis lautet Cod. Sang. 1092. Er hat die Maße von 112 Zentimetern auf 77,5 Zentimetern.
Er ist auf Pergamentblättern gezeichnet, die man aus einer Schafshaut gewonnen hat. Auf der Rückseite des Originals haben Mönche im 13. Jahrhundert das Leben des Heiligen Martin beschrieben. Das ist der Grund, warum der Plan über die Jahrhunderte verwahrt blieb.
Als experimentelle Archäologie wird der Campus Galli aufgezogen, wobei der Wissenschaftler Claus Wolf die Bauleitung übernommen hat. Das bedeutet, man arbeitet mit den Mitteln, die auch im 9. Jahrhundert zur Verfügung standen. Der Beginn der Bauarbeiten war 2013 und es werden noch Dekaden vergehen, bis man das Kloster nach dem Plan fertiggestellt hat. Das Konzept entsteht als Pendant zum Burgenbau im französischen Guédelon, wo man ebenfalls mit damaligen Mitteln einen Herrschaftssitz errichtet.
Für die Errichtung bedient man sich freiwilliger Kräfte, nur wenige Menschen dort sind fest angestellt. Vor allem Archäologie- und Geschichtsstudierende nutzen die Gelegenheit, sich mit dem Leben damals vertraut zu machen. Die Finanzierung erfolgt durch die Stadt Meßkirch, den Kreis Sigmaringen, die EU und durch die Eintrittsgelder der Besuchenden, doch reicht das Geld in der Regel nicht lange, sodass man jedes Jahr neue Fördergelder beantragen muss.
Am 1. August 2012 nutzte man die Sonne zur Bestimmung der Ausmaße des Klosters. Dafür wurden im Laufe der Zeit auch Bäume gefällt und Hütten errichtet. Im Zentrum steht eine Kirche, die aus Holz gebaut wurde. Doch zum Kloster fehlt noch viel.
Gleich am Eingang, wo sich die geführten Gruppen treffen, kann man sich über die Waldnutzung im Mittelalter informieren. Dafür gibt es Tafeln, die beispielsweise über die Niederwald-Nutzung berichten. Dabei beschneidet man die Laubbäume, wie Eiche, Linde, Hasel oder Esche, was dann nachwächst. Belegt ist diese Form der Ernte seit dem 13. Jahrhundert. Auch im Mittelalter kannte man eine Nachhaltigkeit, was im 14. Jahrhundert eingeführt wurde. Die sogenannten Nürnberger Nadelwald-Saaten von 1368 dienen der Wiederbewaldung von geschlagenen Wäldern. Die nächste Stufe der Forstwirtschaft entstand im 16. Jahrhundert, wobei es im Dreißigjährigen Krieg zu einem Verlernen der Techniken kam.
Zur Zeit des Erstellung des Klosterplanes, rodeten vor allem Bauern die Wälder, um Ackerland zu gewinnen. Orte, die darauf entstanden, enden oftmals auf die Silben -rod, -rad,- reuth, -hau, -schlag, -hagen. Wurde Feuer zur Landgewinnung genutzt, wurden die Ortschaften als -brand, -sang, -schwend, -forst, -holz oder -wald benannt. Das Holz diente dem Bau von Gebäuden, wurde als Brennmaterial und Handelsware genutzt. Außerdem machte man ab dem 16. Jahrhundert daraus Kohle, was für die Metallverhüttung wichtig war. Man ging schonungslos mit dem Wald um, der als unheimlich und als unchristlich angesehen wurde. Man unterschied die Bäume in fruchtbar (Fruchtbäume) oder unfruchtbar.
Zur Rodung nutzte man zunächst vor allem Äxte, später sägte man sich durch oder man brannte den Wald nieder. Manchmal war es eine Kombination zwischen Fällen und Abbrennen. Teilweise wurden die Wurzeln freigegraben, sodass der Baum umfiel.
Auf dem Campus Galli befinden sich 28 Stationen, die man über einen Rundgang erkunden kann. Einige Stationen erscheinen weniger offensichtlich als andere. So gibt es gleich nach dem Eingang eine Bienenweide, wobei man 40 Prozent Wildpflanzen angesiedelt hat. Es gibt einen Teich, genannt Hülbe, und ein Feld (ein Hektar), wo man Getreide im Drei-Felder-Wirtschaftskonzept anbaut. Zudem gibt es einen Pfostenspeicher in diesem vorderen Bereich. Dort lagert man die Ernte und das Saatgut. Davor kann man ein Wegkreuz erspähen, aber man muss genau hinschauen, um das zu erkennen. Gesäumt wird der Bereich von einer Wallhecke: ein Graben und eine Benjeshecke.
Geht man nach rechts, kommt man zum Alamannenplatz. Dort finden die pädagogischen Programme statt. Außerdem gibt es einen Lehmofen und eine Kochstelle. Dann folgt rechter Hand die Gallus-Eremitage. Damit soll verdeutlicht werden, wie eine Keimzelle der Bautätigkeit aussah. So sah wohl auch der Ursprung der Stadt St. Gallen aus. Nach dem Platz auf der linken Seite kann man einen mittelalterlichen Hühnerstall sehen. Hinter den eingezäunten Obst- und Gemüsegärten kommt dann der Korbmacher. Das Handwerk des Mauerns kann man beim Obstgarten begutachten.
Nach einer Weggabelung findet man die Töpferei vor und linker Hand den Schmied. Es gibt auch einen Platz, wo man den Lehm gewinnt. Kurze Zeit später kommt man noch zum Kräutergarten. Einige Meter weiter gibt es Bienen, die zwar nicht auf dem Plan vorkommen, aber man braucht sie für Wachs und Honig. Danach folgt der Drechsler, wo man Holzwerkzeuge und Möbel fertigt.
Bei der nächsten Abbiegung geht es nach links und man steht auf dem Marktplatz. Hier kann man sich erst mal stärken und Souvenirs kaufen. Dort findet sich auch der sogenannte Abbundplatz, wo man aus den gefällten Bäumen Balken und Bretter macht. Und auch der Steinmetz ist hier anzutreffen.
Zudem findet sich hinter einer Palisade die Holzkirche. Der Baubeginn war 2014 und inzwischen baut man am Kreuzgang der Kirche.
Gestärkt kann man sich zurück auf den Rundweg machen und kommt vorbei an den Tiergehegen. Dort gibt es Ziegen und Schafe, sowie einen Stall voller Schweine. Ziegen und Schafe lieferten Wolle und Milch. Die Schweine zu essen war eigentlich verboten, dennoch kamen sie vor.
Gegenüber den Schweinen befindet sich die Seilerei. Danach hat der Schindelmacher seinen Sitz. Das Wort leitet sich vom lateinischen “schindula” ab. Diese Schindeln wurden auf den Dächern eingehängt und sind die mittelalterliche Entsprechung der Ziegel. Die letzten Stationen bilden die Weberei und die Färberei.
Der Campus Galli kostet für Erwachsene 9 Euro Eintritt. Das kling viel, aber man kann hier viel Zeit verbringen und lernen. Es ist absolut empfehlenswert, vor allem wenn man sich für das Mittelalter interessiert. Die Leute geben auch gerne Auskunft, wenn sie nicht gerade stark beschäftigt sind. Das darf man aber nicht als Unfreundlichkeit auffassen.
Die Ermäßigung kostet 6 Euro, Kinder unter fünf Jahren kommen kostenlos hinein. Familien zahlen 21,50 Euro. Es gibt auch Jahreskarten und eine Führung von 90 Minuten kostet pro Person zuzüglich zum Eintrittspreis drei Euro. Bei Gruppen unter 12 Personen zahlt die Gruppe 35 Euro.
Vor dem Campus befindet sich ein großer Parkplatz, sodass man auch problemlos mit dem Auto anreisen kann. Der Campus Galli befindet sich zwischen den Orten Rohrdorf und Engelswies oder Langehart bei Meßkirch, entlang der K8279.
Geöffnet ist der Campus Galli von Dienstag bis Sonntag von 10 Uhr bis 18 Uhr. Montags ist geschlossen und im Winter gibt es verkürzte Öffnungszeiten.
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