Die vielen barocken Häuser in Hagnau am Bodensee verdeutlichen den Wert des Weins bei den Klöstern vor der Aufklärung. Der Wein wurde als Messwein eingesetzt, er diente der Bewirtung und selbstverständlich konnte man mit dem Rebensaft auch gutes Geld machen. Und in Hagnau am Bodensee ist der Weinanbau seit langer Zeit ein wichtiger Faktor. Also bauten sich die Klöster Lager- und Verwaltungsräume für den An- und Verkauf von Wein. Es war aber nicht nur ein Lagerraum, so ein Hof diente auch der Repräsentation nach außen. Das galt für den Barock im besonderen Maße.
Die Grundherrschaft über Hagnau hatte zunächst der umliegende Adel inne, wie das Haus Schmalegg oder Ittendorf oder Hohenfels. Dazu gehörten auch die Vogteirechte. Im 15. Jahrhundert erwarb das Kloster Weingarten die Rechte an dem fruchtbaren Flecken Erde. Aus ihrer Hand gelangten einzelne Rechte wie Gerichtsbarkeit oder das Vogtrecht auch an beispielsweise das Kloster Einsiedeln (Schweiz) oder das Kloster Salem oder das Hochstift Konstanz.
Aus der Zeit der Herrschaft der Klöster, also vor der Aufklärung, stehen noch heute sechs Klösterhöfe in Hagnau. Die sind selbstverständlich zwischenzeitlich anderen Bestimmungen zugeführt worden.
Mit rund 84 Metern Länge ist der ehemalige Klosterhof des Klosters Weingarten der größte seiner Art in Hagnau. Weingarten, das bis 1865 noch Altdorf hieß, hat seinen Namen von seinem Kloster, das schon vor der Stadt Weingarten hieß. Das einflussreiche Kloster war der Sitz des Welfen und schon die Alemannen sahen in dem heutigen Martinsberg ein Heiligtum. Das Anwesen gibt einen Hinweis darauf, wie wichtig Wein für das Kloster Weingarten war. Im Spätbarock begann das Kloster seinen Hof in Hagnau zu bauen. Der Bau dauerte 14 Jahre und wurde 1714 eröffnet. Unter dem Hof entstanden zwei gewölbte Keller und oberirdisch errichtete das Kloster darin große Lagerräume und einen Stall. Der Hof im Stil des Rokoko verfügt aber auch über zwei Prachtsäle samt Stuckdecke.
Den Bau gab der Abt des Klosters Weingarten, Sebastian Hyller aus Pfullendorf in Auftrag. Sein Wappen dekoriert bis heute die Fassade. Er war ein echter Bauherr, der drei Jahre zuvor in das Amt gewählt wurde. Er baute am Kloster Hofen bei Buchhorn, das heute als Friedrichshafen bekannt ist. Auch einige Kirchen außerhalb Oberschwabens und die Erweiterung des Klosters Weingarten sind ihm zuzuschreiben. Zudem ging die St. Martinskirche auf seine Kappe. Sein Baumeister war der Weingartner Mönch Andreas Schreck, der auch in Hagnau seine Spuren hinterließ. Der zentrale Eingang zum höher gelegenen Hof ist zur See-Seite mit einem barocken Garten bedacht, der mutmaßlich an Größe eingebüßt und seine Symmetrie verloren hat.
Im Jahr 1847 wurde der Gemeinde das Haus übergeben, die darin eine Schule und das Rathaus einrichtete. Heute beheimatet das Gebäude noch immer das örtliche Rathaus, das Museum der Stadt und die Vereinsräume des Musikvereins.
Wo man heute gutbürgerlich speisen und nächtigen kann, tagten einst die jeweiligen Herren des Ortes. Das schöne Fachwerkhaus steht dort, wo auch das Kunstwerk „Schneeballensäule“ zu finden ist. Auf der Fassade fallen augenblicklich die Wappentafeln auf. Zur Rechten findet man das Wappen des Klosters Weingarten und zur Linken prangt das Wappen des Klosters Einsiedeln. Das Haus wurde 1696 fertiggestellt und seit 1733 heißt es offiziell Amtshaus. Heute ist dort eine Bäckerei untergebracht und es ist ein Hotel. Hotel-Details und Preise gibt’s hier (geprüfter Affiliatelink).
Direkt am Bodensee, in der Nähe des Hagnauer Hafens, liegt der Hof des Klosters Irsee. Das Haus unterscheidet sich von den Nachbarhäusern in seiner Repräsentation. Die Bauart verfügt bereits über wesentliche Elemente des Klassizismus, aber hängt dem Barock noch etwas nach. Es wurde im Jahr 1740 erbaut, als eines der letzten Projekte des ebenfalls bauwütigen Abts Bernhard. Das Rundbogentor und das Wappen sind die repräsentativen Elemente. Das Wappen ist jenes des Freiherrn von Ronsperg, der das Kloster Irsee stiftete. Das Haus ist heute in privaten Händen
Der vielleicht bekannteste Klosterhof für Reingeschmeckte ist der Schussenrieder Hof. Das ist seiner Lage an der Hauptstraße geschuldet. Seine barocke Front mit den eingekringelten Giebellinien, die sogenannten Barockschnecken, erinnern an ein Schloss. Dem schnellen Blick bleibt die Dreiflügelanlage des Baus verborgen. Der Prachtbau gehörte dem Kloster Schussenried, welches auch einige Güter in Hagnau besaß. Es entstand zwischen 1730 und 1742. Einerseits ist das Wappen des damaligen Abts, Sidarus Frick, angebracht. Er war der große Barockisieur seines Klosters und deren Besitzungen. Die andere Seite des Wappenensembles ziert das Wappen des Stifters des Klosters Schussenried, nämlich die kinderlosen Herren von Schussenried. Der Baumeister des repräsentativen Baus war Jakob Emele, der zu den beliebtesten Architekten des Klosters Schussenried zählte. Für sie ließ Emele die Kirchen in Eberhardzell, Otterswang oder Muttensweiler entstehen, er war am Wiederaufbau im Neuen Schloss Tettnang beteiligt und entwarf den Plan für den Archivsaal im Alten Schloss Meersburg. Heute ist das Haus privat.
Der älteste Klosterhof, auch Pflegehof genannt, ist der Salmannsweiler Hof. Vielleicht auch die Position der ehemaligen Burg von Hagnau. Dazu mehr im Artikel über Hagnau. Es gibt einen älteren Unterbau aus Quadersteinen, der aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts oder sogar noch älter sein könnte. Was es vorher war, ist aber unklar. Ab 1285 war es der Hof des Klosters Salem. Der obere Teil mit den Stufengiebeln wurde 1569 fertig. Das Wappen gehört dem Abt Georg II Kaisersberger und befindet sich über dem Rundbogenportal auf der Mauer im Westen. Daneben befindet sich das Wappen der Zisterzienser, denen sich das Kloster Salem verschrieben hatte. Zudem findet sich das Wappen des Fürstbischofs Eberhard von Salzburg. Auch dieses Gebäude ist nun in privaten Händen.
Konstanz hatte mit dem Sitz des Bischofs im Mittelalter eine herausragende Stellung für den Bodensee. In vielen Sprachen Europas heißt der Bodensee eben deshalb „See von Konstanz“. Dass wir Bodensee dazu sagen, hat mit dem Adel von Bodman zu tun. Und selbstverständlich war auch das Bistum an diesem Ort seit der Mitte des 13. Jahrhunderts begütert. Sie kauften es den Johannitern ab und verkauften es später an das Kloster Salem. Sie hatten aber ein Finanzamt, das sogenannte Zehnthaus in Hagnau. Der Zehnt war die Abgabe der Bauern an die Herren, welche in dem Fall Geistliche waren. Das Wappen ist jenes des Bischofs Franz Johann Prassberg und die Zahl 1695 zeugt von der Fertigstellung. Der Bau atmet nicht die Pracht der anderen Klösterhöfe, obwohl der Bischof mit seinem Wappen dafür stand. Die Position am Wasser zeugt von der wirtschaftlichen Fähigkeit, aber der Fürstbischof Prassberg war kein großer Baumeister. Das Gebäude ist heute ebenfalls in privaten Händen.
Der Barock war eine Zeit der Prachtbauten. Damit konnte sich die katholische Kirche von der evangelischen Reformation abgrenzen. Barock war gleichbedeutend mit dem Sonnenkönig Ludwig XIV. von Frankreich, dessen großspuriger Lebensstil die Französische Revolution begünstigte. Es ging darum zu zeigen, was man hat. Pracht und Zierde waren die Ideengeber dieser Zeit. Der Verteidigungssinn der Burgen wich der Darstellung des eignen Reichtums durch Schlösser. Der Philosoph Foucault spricht im Zusammenhang mit dem Barock auch vom Zeitalter der Repräsentation. Diese Repräsentation der weltlichen und geistlichen Herrschern zahlten selbstverständlich die Bauern mit Arbeitsleistung und Abgaben.
Wein finanzierte das mit und Wein war das Getränk der Elite. So liegt es nahe, dass man ein Weingut auswählte, um sich in der Frage der Repräsentation zu messen. Die Lage direkt am Bodensee ergab vermutlich Standortvorteile, vor allem, wenn man den Wein per Schiff handelte. Die vermutlich schon damals verkehrsreiche Straße entlang des Bodensees, die heutige B31, führt durch den Ort und verbindet die großen Städte am Bodensee miteinander.
Das Kloster Salem machte den Anfang in Hagnau. Es war ein Prachtbau, der im 16. Jahrhundert dem gotischen Stil nachhing, obwohl die Renaissance längst Einzug gehalten hatte. Auch der Bau des Konstanzer Bischofs ist wenig prachtvoll und auch nicht doppelstöckig. Das mag mit der Eignung als Abgabenhaus zusammenhängen.
Doch die anderen Höfe zeugen von barocker Angeberei. Erstellt von Äbten, die sich durch Bauvorhaben auszeichneten. Schließlich war der Dreißigjährige Krieg zwischenzeitlich vorbei und der Bedarf an Wiederaufbau war sehr wahrscheinlich groß. Vor dem Hintergrund des Barocks jedoch, der in Oberschwaben mit großer Bautätigkeit im kirchlichen Bereich einherging, kann man auch ein anderes Bild zeichnen. Der Barock bot denn auch viel Anreiz zum Übertrumpfen der anderen Kirchen und Klöster. Das Armutsgebot hatte im Barock ganz offensichtlich ausgedient. Mir stellt es sich dar, als wäre Hagnau der Austragungsort eines klösterlichen Wettkampfs um die prächtigsten Bauten gewesen. Zwar baute man prachtvoll, doch das alte Armutsgebot machte das Protzen schwer. So trugen die geistlichen Baulöwen ihren Wettkampf um Pracht vielleicht abseits der großen Zentren aus?
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Hagnau: Ortsdurchfahrt B31 wurde erst in den 1950erJahren mit heutigem Verlauf gebaut. Die " alte" Straße führte dem See entlang!
Bin Jahrgang 1943 und habe die Neueröffnung b31 per Fahrrad miterlebt.
Interessante These! Kann ich mir gut vorstellen! Viele Grüße aus Aulendorf!