Die barocke Klosteranlage in Obermarchtal beinhaltet ein Münster und ist die Sehenswürdigkeit der kleinen Stadt Obermarchtal. Mit seinen zwei Zwiebeltürmen oberhalb des Donautals ist das Kloster ein beachtliches Wahrzeichen.
Das Münster Obermarchtal ist vom Donautal aus, wo auch der Donau – Rad- und Wanderweg verläuft, von Weitem zu sehen. Vom Donautal aus muss man durch eine enge alte Treppe und schließlich durch ein mittelalterliches Tor, um auf das Gelände auf ca. 605 Meter Höhe zu kommen. Das große Klosterareal ist heute im barocken Stil zu sehen und somit auch eine Station auf der Oberschwäbischen Barockstraße. Neben Tagungsräumen für die katholische Kirche beherbergt das Klostergelände heute auch Schulen und die Ausstellung “Marchtaler Fenster – Neue Kunst”. Und man hat einen wunderbaren Ausblick auf die Donau und das Tal von oben!
Man kann sich gut vorstellen, dass auf diesem Platz auch die Kelten siedelten – das Terrain spricht dafür. Jedoch gibt es hierüber keine Funde oder urkundliche Aussagen. Ob es eine Verbindung zur keltischen Viereckschanze im Langhau in Richtung Reutlingendorf gibt, ist unklar. Aber man steht ja noch am Anfang der Recherche. Spätestens im 7. oder 8. Jahrhundert siedelten die Alamannen im Marchtal, zu dem auch Untermarchtal gehört. Sie gaben ihm seinen Namen: Marhctala (es gibt verschiedene Formen davon: Marhctala und Marthala) und das Wort hat eine tierische Bedeutung: Marh heißt Pferd. Damals herrschten Halaholf und seine Frau Hildiberg in der damaligen Burg Obermarchtal. Der damalige Name war wohl Steinenburg, und referiert auf den Platz, der sich auf einem Felsen über dem Donautal befindet. Sie gründeten das Kloster auf dem Gelände.
Das Kloster Obermarchtal reicht ins frühe Mittelalter zurück. Im 8. Jahrhundert gründete man das Kloster und übergab es gleich dem großen Benediktinerkloster St. Gallen. Das ist urkundlich verzeichnet. Die Übergabe erfolgte durch den Sohn Agylolf im Jahre 776. So wurde aus dem kleinen Dorf über die Jahrhunderte ein großes Kloster. Doch schon im Jahr 805 wurde das Kloster verlassen, der Grund war wohl in familiären Streitigkeiten zu suchen.
Erst über 100 Jahre später, im Jahr 993, wird das Petrus-Kloster wiederbelebt. Der Herzog Hermann II. von Schwaben schenkte Burg und Kirche damals seiner Frau Gerberga und damit war es fortan die Stammgruft derer von Schwaben. Das Geschlecht starb im Hochmittelalter aus. Zwei Jahre nach der Schenkung wird die Klosterkirche in vergrößertem Zustand eingeweiht. Neben der Kirche entstanden Kapellen und eine weitere Kirche, die heutige Dorfkirche wurde im Jahr 998 fertig.
Nach dem Tod des Herzogs 1003 rückte Obermarchtal aus dem Blickfeld und ging bis 1171 an weltliche Fürsten. Erst wechselten die Herrscher in Obermarchtal (beispielsweise der Herzog Hermann III. von Schwaben, ein Staufer oder Kaiser Friedrich I), dann wurde es immer weiter vernachlässigt. Zeitgleich entwickelte sich ein Dorf um Burg und Kloster herum.
1171 übernahm Hugo von Tübingen das Gelände und gründete erneut ein Kloster. Es entstand eine Stätte für den Prämonstratenser Orden und ein Frauenkloster, welche im Jahr 1192 eine päpstliche Privilegierung erfuhren. Jetzt wurde die Ortschaft zur Unterscheidung des Stifts Marchtal eben Obermarchtal genannt und Untermarchtal “entstand”. Der Propst ließ bis 1208 die Klostermauern renovieren. Zudem entstand 1214 die Hl. Katharina Kirche (für das Frauenkloster). Im Jahr 1266 gab es neue Wohnräume, bis man im Jahr 1273 keine neuen Frauen aufnahm und der Frauenstift aufgelöst wurde. Noch im 13. Jahrhundert entsagte das Kloster der Obmacht der Pfalzgrafen von Tübingen und unterstellte sich Konstanz bis 1420, danach direkt dem Reich. Ein Jahr zuvor wurde die Stiftskirche noch zu einer dreischiffigen Basilika vergrößert, die der Bischof von Konstanz einweihte. Damals entstanden auch Chroniken, ein literarisches Zeugnis der Geistlichen.
Mit der Erhebung zur Abtei im Jahr 1440 erlebte das Kloster einen Aufschwung, was bis ins 18. Jahrhundert anhielt. Das Kloster besaß Immobilien in ganz Oberschwaben – bis zum Federsee, darunter Bremelau seit 1666 und Uttenweiler seit 1702. Außerdem baute man das Kloster zum Ende des 15. Jahrhunderts aus. Und im Jahr 1500 wurde Obermarchtal zur Reichsabtei erhoben. Das Schulgebäude aus dem 16. Jahrhundert wurde im 17. Jahrhundert abgerissen.
Der Dreißigjährige Krieg (1618–1648) ging nicht spurlos am Kloster vorbei, die Gebäude wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen und rund 40 Jahre später nach dem Krieg begannen die Renovierungsarbeiten. Es entstand die barocke Anlage, wie man sie heute kennt und damals gab es hier auch einige Bruderschaften, also Laien-Geistliche. Zudem wurden in dieser Zeit einige Reliquien in das Kloster gebracht, seit 1625 die Kopfreliquie, seit 1727 ein Tiberiusaltar. Tiberius von Obermarchtal war ein heiliggesprochener Märtyrer, der 303 starb.
Im Jahr 1711 waren hier 39 Prämonstratenser-Chorherren, 1746 waren 38 und 1802 waren 41 Personen hier tätig. Ihre Haupttätigkeit war die Seelsorge – nicht nur dieser Gemeinde und daher waren sie auch selten anwesend. Nach dem Konzil von Trient nahm man die neuen Regeln der Kirche hier sehr ernst. Zur 18. Jahrhundertwende hin verfügte das Kloster auch über eine Druckerei, aber nur 20 Jahre lang. Die Geistlichen hier schufen Musik- und Literaturwerke, darunter welche von dem Mundartpoeten Pater Sebastian Sailer (1714-1777), den Komponisten Pater Isfried Kayser (1712-1771) und Sixt Bachmann (1754-1825). Die Bibliothek des Klosters wurde im 18. Jahrhundert aufgeteilt, ein Teil wurde dem Kloster Neresheim, ein anderer dem Kloster Beuron übergeben.
Seit dem 16. Jahrhundert bis ins 18. Jahrhundert kam es im Reichskloster Obermarchtal zu den brutalen Hexenprozessen und -verfolgungen. Vor allem in den Jahren 1586 bis 1596, 1627 und 1628, sowie von 1745 bis 1757. Insgesamt gab es 60 Hinrichtungen, im letzteren Zeitraum (18. Jahrhundert!) verloren sieben Frauen ihr Leben. Das letzte Hexenurteil in Deutschland wurde übrigens 1775 in Kempten verkündet.
Nach den Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges im 17. Jahrhundert wurde das Kloster zwischen 1686 bis 1769 neu aufgebaut. Als eines der ersten Bauwerke in Oberschwaben griff man hier auf den damals neuen Stil des frühen Barock zurück. Zu Beginn ließ man durch die Gebrüder Thumb aus Bregenz die Altäre, vor allem der Hochaltar mit den Heiligen und Kirchenpatronen, erschaffen. Sie wurden zeitgleich mit der neuen Stiftskirche mit seinen barocken Doppeltürmen im Jahr 1701 eingeweiht. Zwischen den Jahren 1747 und 1757 wurde die Anlage auf eine Vierflügelanlage erweitert, damals führte der Baumeister Johann Caspar Bagnato die Arbeiten an. Ab 1749 erschuf er weitere Gebäude in einheitlicher Gestaltung im Stil des Barocks.
Das Hauptschiff ist gewölbt und beherbergt das Chorgestühl von Paul Speisegger aus dem Jahr 1690, die Schnitzereien in der Sakristei sind von 1672. Des Weiteren unterstreicht der weiße Stuck des Johann Schmuzer die bunten Gemälde an der Decke der Kirche. Die Orgel gehört zum Rokoko und ist von Johann Nepomuk Holzey. Mit insgesamt 13 Glocken handelt es sich um das größte historische Geläut in Baden-Württemberg. Die Lichttechnik wird über insgesamt 162 Spiegel organisiert, um die Bilder ins rechte Licht zu rücken.
Der Kapitelsaal & der Spiegelsaal
Der Beratungssaal der Chorherren ist der Kapitelsaal, dessen barocker Prunk eindrucksvoll ihr Selbstbewusstsein darstellt. Hier wurde Recht gesprochen. Das Kapitelgestühl von 1713 ist binnen sechs Jahren von den Künstlern Andreas Etschmann, Hans Heinrich Schlegel und Georg Anton Machein geschaffen worden.
Der Spiegelsaal ist das Sommerrefektorium, also der Speisesaal für die Chorherren. Auch hier ist das Design vom Stuck (von Francesco Pozzi) bis zu der Malereien (Joseph Ignaz Appiani) im Stil des Barock sehr prachtvoll. Seinen Namen als Spiegelsaal erhielt der Raum wegen der vielen, oben erwähnten, Spiegel und stellt ein Highlight des Rokokos der Oberschwäbischen Barockstraße dar.
Säkularisation und Neuzeit | Kloster Obermarchtal
Nach über 600 Jahren mussten die Prämonstratenser-Chorherren gehen. Mit der Säkularisation 1802 übernahm das Fürstenhaus Thurn und Taxis das Areal, das nun auch zu Württemberg gehörte. Sie machten aus dem Kloster ein Sommerschloss und Verwaltungssitz. Im Jahr 1848 kauften sich die Obermarchtaler Leute von Thurn und Taxis frei. Das Kloster verblieb bis 1973 im Besitz derer von Thurn und Taxis.
Im Zweiten Weltkrieg war das Kloster ein Lazarett, in dem über 4.000 Menschen behandelt wurden. Seit 2001 ist die Stiftskirche von Bischof zum Münster erhoben worden. Seit einiger Zeit ist im Innenhof der Anlage die Ausstellung “Marchtaler Fenster – Neue Kunst” zu sehen und es gibt das Museum Marchtal auf dem Areal.
Adresse der Klosteranlage in Obermarchtal
Übrigens: Das Münster und der Spiegelsaal sind für Besuchende zugänglich!
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