St. Martinus | Rokoko Kirche in Erbach an der Donau

Erbach ist eine Stadt in der Nähe der oberschwäbischen Metropole Ulm, beides an der Donau gelegen. In Erbach steht eine barocke Kirche im Stil des Rokokos.

Hoch auf dem Schlossberg in Erbach steht die Kirche St. Martinus und dahinter das alte Schloss. Beides sind schöne Motive und Wanderziele in Oberschwaben und man hat eine prächtige Aussicht über das Donautal und die Donau selbst.

Die Region ist schon zur Bronzezeit bewohnt gewesen, so haben auch die Kelten auf dem Schlossberg bereits gesiedelt. Auf beiden Seiten der Donau finden sich keltische Grabhügel, ähnlich dem Hohmichele, und im Museum des Schlosses kann man ein keltisches Schwert betrachten. In diesem Artikel geht es jedoch um die Kirche und die mittelalterliche Geschichte.

Geschichte von Erbach an der Donau

Bereits im frühen Mittelalter, zur Zeit der fränkischen Herrscher aus dem Hause der Merowinger, war Erbach eine Pfarrei – sie gehört zu den ersten in Oberschwaben. Auch während der Karolinger Herrschaft war Erbach eine bedeutende Pfarrei, die dem Heiligen Martin gewidmet ist. Die hier lebenden Alemannen hatten nach der verlorenen Schlacht gegen die Franken nichts mehr zu sagen im Ländle.

Zur Gründung eines Klosters wird im Jahr 1083 ein Fridericus de Helribach genannt, der Name für Erbach im Mittelalter. Knapp 200 Jahre später, 1254, heißt es Erlbach. Doch es gibt weitere Namensformen: 1275 Irlebach, 1277 Eierbach, 1301 Elarbach, 1324 Ellerbach.

Der Herrscher über Erbach war der Graf von Berg-Schelklingen. Den administrativen Adel stellten die Herren von Ellerbach. Mit dem Wechsel des Herrscherhauses im Jahr 1345 gingen auch Stadt und Adel an die Österreicher. Die Habsburger bauten ihre Ländereien zwischen Donau und Iller aus, so auch in Laupheim oder Dietenheim.

Durch Käufe und Erbangelegenheiten kam Erbach im Jahr 1348 an die von Stein, aber nur kurz. Schon 1400 ging es an die Schenken und andere Adeligen.

Im 16. Jahrhundert bekommt Erbach einen Markt und gehörte (schon seit 1488) zum bayrischen Adel: Die Herzöge von Wittelsbach von Bayern herrschten hier bis 1504. Doch Kaiser Maximilian forderte das zu Lehen vergebene Land zurück, denn es gab einen Streit um die Erbfolge in Landshut.

Dann ging Erbach an die von Landau, von Renner und auch die Habsburger nannten Erbach ihr Eigen. Die von Baumgarten bekommen es dann im Jahr 1535. Doch diese starben aus und das Land ging wieder an Österreich.

1620 ging Erbach als Pfand (und zwei Jahre später als Lehen) an den Freiherrn von Ulm. Nach dem Dreißigjährigen Krieg, der hier wie auch die Pest wütete, versuchte man die Landwirtschaft wieder zu beleben. Aber das Stadtrecht bekam Erbach erst im Jahr 2002.

Geschichte der Kirche in Erbach | Rokoko-Bau

Die Pfarrkirche in Erbach ist dem heiligen Martinus gewidmet, ein heiliger im Christentum, dessen Tag der 11. November ist. Es ist der Tag seiner Beerdigung in Tour (Frankreich). Die Kirche, in ihrer heutigen Ansicht, ist der Nachfolgebau einer Kirche, die urkundlich 1275 erwähnt wurde.

Im Jahr 1767 befand man die ursprüngliche Kirche für baufällig und sie wurde abgerissen. Zu dieser späten Zeit des Barocks spricht man vom Rokoko, was sich im Inneren der Kirche erst richtig eröffnet.

Zwei Jahre später fanden sich Investoren: die adligen Frauen von Ulm-Erbach, die mit 28.000 Gulden den größten Teil ihres Kapitals aufwandten. Der Baumeister war Franz Kleinhans, der hauptsächlich im bayrischen Raum arbeitete. Aber Ulm, wie Augsburg, war damals ein Mekka für kirchliche Künste, wie man auch im Bode-Museum in Berlin sehen kann.

Nur kurze Zeit nach seiner Beauftragung entstand das Langhaus sowie der Chor. Der Dachstuhl wurde ebenfalls 1767 fertig. Der Kirchturm, wie er heute mit seinem barocken Zwiebelturmdach aus Kupfer auf 48 Metern Höhe zu sehen ist, wurde im Jahr 1769 fertig – ganz im Stil seiner Zeit.

Den Kirchturm ist übrigens zweimal im Jahr begehbar und zwar zum Erbacher Frühlingsfest (am letzten Sonntag im April) und am Kerwemarkt (am zweiten Sonntag im September).

Glocken der Kirche in Erbach

Die Glocken im Turm der Kirche in Erbach haben eine eigene Geschichte. Eine der ursprünglichen Glocken der Kirche ist immer noch vorhanden: die Evangelistenglocke von ungefähr 1300. Ihr Urheber ist unbekannt, jedoch wurde “+ LVCAS . MATHEUS . JOHANNES . S” eingraviert.

Eine andere Glocke wurde 1555 in Ulm hergestellt und weitere Glocken aus Bronze, mit demselben Herkunftsort, sind aus dem Jahr 1618. Doch sie alle wurden im Ersten Weltkrieg für den Krieg eingeschmolzen. Im Jahr 1922 wurden Glocken aus Stahl installiert, doch deren Qualität war nicht zufriedenstellend. Eine ist noch im Hof der Kirche ausgestellt.

Die heutigen Glocken (Dreifaltigkeits-, Friedens-, Martinus- und Evangelistenglocke mit deren Klängen “c´-es´-f´-as´”) stammen aus dem Jahr 1999 und sind aus Bronze.

Rokoko-Kunst in der Erbacher Kirche | Oberschwäbische Barockstraße

Die Kirche in Erbach liegt auf der Hauptroute der Oberschwäbischen Barockstraße und wenn man das Innere des Gotteshauses betritt, staunt man doch über den prächtigen, barocken Stil.

Die relativ große Kirche ist recht hell und mit allen Dekoelementen seiner Zeit bestückt. An der Decke befinden sich Gemälde als Blickfang, welche mit Stuck verziert sind. Die Altäre mit Figuren und Bildern verfügen über den Rokoko-Stil, sowie die Gemälde an der Wand, die den Kreuzigungsweg Jesu dokumentieren. Im Altarraum gibt es seitlich das Chorgestühl und darüber die Loge für die Freiherren von Ulm-Erbach.

Der Hochaltar ist von Ignaz Finsterwalder, der auf Geheiß des Baumeisters hier arbeitete. Auch sein hauptsächliches Schaffensgebiet war Bayern um Augsburg, wo er auch starb. Die zarten Bögen und Rahmen zeichnen seine Schaffensart. Der Hochaltar ist auch aus Marmorstuck und mit lebensgroßen Figuren verziert. Diese stellen den Heiligen Martin und den Heiligen Konrad dar.

Franz Martin Kuen schuf die Deckengemälde und die 21 Fresken. Er stammt aus Weißenhorn, werkte aber vor allem in dieser Gegend. Schon zu seiner Zeit war er ein berühmter Rokokomaler, dessen Lieblingsmotiv für die Fresken Palmenblätter waren. Das Deckenbild zeigt die Verherrlichung des Rosenkranzfestes. Ein Modehype, den Albrecht Dürer 1506 auslöste. Seeschlacht von Lepanto (bei Patras Griechenland) 1571. (Osmanen (Sultan SelimII) versus Papst Pius VI) und im Altarraum zeigt das Deckengemälde das Ende des Bischofs St. Martin in Tours.

Die Madonna mit Kind ist aus der Zeit von 1490, und zwar vermutlich von Jörg Syrlin dem Älteren aus der Ulmer Schule. Die Orgel in der Kirche in Erbach ist aus dem Jahr 1983. Zuvor gab es Vorgängermodelle von 1694, 1770 und 1913.

Erstmals genannt wird die Kirche im Jahr 1275 und bekannt ist auch, dass sie einen Streit zwischen den von Westerstetten und den von Villenbach auslöste.

Adresse der St. Martinus Kirche Erbach /Donau | Schlossberg


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Schwoable

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  • Franz Martin Kuen (Frekant & Maler) geboren 08.11.1719 in Weißenhorn
    Das Deckenfreco im Langhaus stellt die Seeschlacht von Lepanto (bei Patras Griechenland) 1571 dar.
    Osmanen (Sultan SelimII) versus Papst Pius V.

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