In jedem Dorf und in jeder Stadt gibt es die Kirchen im Ländle. Woran erkennt man, um welchen architektonischen Stil es sich dabei handelt?
Nachdem der römische Kaiser Konstantin das Christentum im 4. Jahrhundert zur Staatsreligion erhob, begann der Bau der Kirchen. Nicht selten wurden die Plätze für Kirchen gewählt, die schon zuvor den Heiden als heilig galten. Mit der Entweihung von Hügeln und Lichtungen sollte dargestellt werden, dass der christliche Gott obsiegt – warum sollten die Götter der Germanen und Kelten dies sonst zulassen? Aber es gab auch andere Gründe für einen Kirchenbau, wie die Macht zu festigen und nicht selten war das Seelenheil ein Grund, womit man sich quasi den Eintritt in den Himmel kaufen wollte.
Unter Karl dem Großen wird das Projekt der Missionierung zum Christentum mit Feuer und Flamme über weite Teile Europas ausgedehnt. Ein Reich, ein Glaube, war seine Maxime. Auch das damals alamannische Oberschwaben wird im 7. Jahrhundert Teil des Frankenreichs. Die ersten Kirchen waren aus Holz gebaut und sind daher nicht erhalten. Aber schon im 8. Jahrhundert begann man mit dem Bau von steinernen Kirchen in Oberschwaben.
Es sind vor allem sechs Epochen, die die Kirchen (und Schlösser) in Oberschwaben prägen. Hier sei erklärt, woran man erkennt, um welchen Baustil es sich dabei handelt.
Die sechs Epochen, die sich zeitliche überschneiden, sind: Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Klassik und der Stil des Historismus (Neoromanisch, -gotisch etc.). Durch den Wandel der Zeit kann man bei den Bauten (auch bei Schlössern) mehrere Stile erkennen.
Noch in Zeiten des römischen Imperiums baute man im Stil der römischen Basilika, welche ursprünglich ein Haus für Markt und das Gericht darstellten. Zum Kirchenausbau erweiterte man das Längsschiff mit einem Seitenschiff, was zu einem Kreuz führt – das Symbol der Christenheit. Die Ausrichtung mit der Apsis (wo der Altar steht) zeigt nach Osten. Im Inneren fanden sich ursprünglich Mosaike, was ebenfalls typisch römischer Stil war.
Doch die Antike sollte sich bald dem Ende nähern und das Mittelalter wird seinen Lauf nehmen. Rom und die Antike sollten immer wieder zum Vorbild werden, sowohl für die Architekten, als auch für die Könige und Kaiser (abgeleitet von Caesar) des Mittelalters.
Romanische Kirchen in Oberschwaben
Kirchen im Stil der Romanik baute man zwischen 750 und 1250. Der Begriff ist ein Mix (wie romanische Sprachen) aus Römisch und Germanisch (wobei germanisch nicht mit deutsch gleichzusetzen ist, denn auch die Franken waren ein germanischer Stamm). Irritierender Weise unterscheidet man in der Romanik zwischen karolingischer Romanik (war zuerst) und der Frühromanik (kam danach).
Die ersten Kirchen in Oberschwaben entstanden wohl zur Zeit der Karolinger (die mit fränkischen Kaiser Karl dem Großen ihren Höhepunkt hatte). Seine Lieblingskirche war (und im Stil der karolingischer Romanik erbaut) das Gotteshaus in Aachen. Das Kennzeichen sind die achteckige Apsis und der typisch römische Kuppelbau. In dieser Zeit dürfte auch die Kirche in Hasenweiler entstanden sein – doch davon sieht man nichts mehr. Die Frühromanik, so ab 950, ist durch die sächsischen Kaiserriege der Ottonen bestimmt.
Vor allem die Rundbögen der Fenster und Türen sind ein Zeichen der Romanik, die der Statik geschuldet sind. Ebenso braucht der wuchtige Bau massive Mauern, um das Gewicht zu halten. Beide Stilelemente hält das Kloster Reichenau im Bodensee bereit. Im Inneren sieht man sogar noch romanische Wandmalereien. Da die Leute selten lesen konnten, hatte man Bilder mit den Geschichten der Bibel zur Erklärung genutzt. Die Zweidimensionalität der Bildnisse dieser Zeit soll das Göttliche hervorheben.
Mit den Saliern auf dem Kaiserthron wird der Chor im Kirchenbau eingeführt. Das Langschiff, beendet vom Querschiff, wird vom Chor (mit den meist geschnitzten Sitzen) erweitert und dann von der (meist runden) Apsis im Osten abgeschlossen. Der quadratische Raum von Längs- und Querschiff, wo sie sich überschneiden, bildet die Grundlage für den Turm.
Die Kirchen in Mengen ist teils in diesem Stil noch erhalten.
Merkmale romanischer Kirchen: Rundbogen, massiver und einfacher Bau
Gotische Kirchen in Oberschwaben
Die Gotik (1130 bis 1500) kommt aus Paris und war dort schon verbreitet, als man in Oberschwaben noch im Stil der Romanik baute. Der Begriff leitet sich von dem germanischen Volksstamm der Goten ab, die das Ende des römischen Imperiums einleiteten. Die Goten standen in Italien für die Barbarei und so hat ein Schreiber im 16. Jahrhundert (also nach der Verwendung des Baustils) den Stil mit diesem Namen verbunden. Er wollte damit seine Abscheu gegenüber dieser Bauform zum Ausdruck bringen. Fortan war es ein Schimpfwort. Erst Goethe konnte den Namen der Gotik wieder reinwaschen.
Die Gotik zeigt sich vor allem in Kathedralen und hält sich weitgehend an die Aufteilung der Romanik mit Quer-, Längsschiff, Apsis und Chor, nur werden darum noch Gänge gestaltet. Vor allem aber von Außen erkennt man eine gotische Kirche.
Um den Druck der hohen Gebäude aufhalten zu können, haben sie ein Seitengerippe, die Strebe-Bögen und Pfeiler. Das beinahe nackt wirkende Konstrukt soll Offenheit demonstrieren. Das ermöglichen die hohen Fenster, die viel Licht hereinlassen. In den Fenstern haben sich oftmals auch diejenigen verewigen lassen, die das jeweilige Fenster bezahlt haben. Eine Art erstes Product Placement. Damals war die Kirche so etwas wie das Gemeindehaus und nicht nur sonntags voll. Um den Leuten etwas zu bieten, hat man die Scheiben hauptsächlich mit religiösen Inhalten und bunt gestaltet. Die kunstfertig dekorierten Rosetten und die in den Portalen eingearbeitete Figuren sind ebenfalls Merkmale des gotischen Baus, wie auch die Spitzbögen der Türen und Fenster oder die kleinen Seitentürmchen (Filialen).
Aufgrund der politischen Änderungen konnten sich zu der Zeit die Städte selbstständig machen und es entstanden die ersten privaten gotischen Gebäude.
Die schönsten Kirchen der Gotik sind wohl in Paris zu sehen, aber auch in Oberschwaben gibt es einige gotische Schmuckstücke, zumindest in Teilen: St. Martin Oberteuringen (Spätgotik) oder St. Johannes Kirche in Bad Saulgau. Aber viele weitere Kirchen haben noch gotische Elemente, deren Gesamteindruck aber von anderen Stilen erzählen.
Merkmale der Gotik: hohe Gebäude, Spitzfenster, Rosetten und farbige Kirchenfenster.
Bauten der Renaissance in Oberschwaben
Das Wort Renaissance (1460 bis 1600) kommt aus dem Französischen und bedeutet “Wiedergeburt”. Damit sind nicht religiöse Momente gemeint, sondern die Wiederentdeckung der Antike und ihrer Bauart.
Damals sprachen alle Adeligen französisch, auch die deutschen Fürsten und Könige. Ihrer jeweiligen Landessprache waren sie dagegen nur selten mächtig. Der Baustil kommt allerdings aus Italien und wandte sich der Antike zu. Man fand im 15. Jahrhundert alte Schriften in Florenz, die über Proportionen und Harmonie in der Baukunst sprachen. So wurde auch das Körperliche wieder mehr in den Vordergrund gestellt, denn in der Antike hat man die Menschen als zweidimensionale Figuren dargestellt. Es entstand zur Zeit der Renaissance auch die Fähigkeit in drei Dimensionen zu zeichnen.
Der Sockel der Gebäudefassade der Renaissance besteht aus grob behauenen Steinen. Darüber, etwas nach hinten versetzt, wird die Steinmauer glatter und die Steine kleiner. Die rechteckigen Bauten werden durch regelmäßige Fenster mit geteilten Rundbögen mit Licht geflutet. Eine weitere Neuerung ist der Arkadeninnenhof. Den Abschluss der Fassade macht der überstehende Sims mit reichen Verzierungen. Am Gebäude sind Säulen eingelassen oder sie zieren den Eingang.
In Oberschwaben findet man vor allem Schlösser im Stil der Renaissance, so das Schloss Wolfegg, Schloss Erbach oder Schloss Heiligenberg. Das Alte Schloss Tettnang, das heutige Rathaus Tettnang, folgt ebenfalls diesem Stil.
Merkmale der Renaissance: Sockel, geteilter Rundbogen, Proportionenverhältnis, rechteckiger Bau, Statuen und Arkaden.
Barocke Kirchen in Oberschwaben
Der Barock (1600 bis 1780) ist pompös und verschwenderisch. Der Stil des Barocks ist eine Antwort auf die Reformation: noch mehr Prunk; was für die Bauern noch mehr Abgaben bedeutete. Der Barock begann seinen Siegeszug in Frankreich. Louis XIV., der absolutistische Sonnenkönig, machte diesen Stil hoffähig. Der französische König ließ sein Volk verhungern und die Antwort darauf kennen wir ja: die Französische Revolution.
Der Begriff “Barock” kommt aus dem Portugiesischen und meint eine unförmige Perle. Etwas unvollkommenes, ein Gegensatz zur Renaissance. Es vermittelt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern Ästhetik. Von außen wird verspielt mit Säulen, Bögen und Gesimsen gearbeitet, alles ineinander vermengt und verschnörkelt. Dadurch entsteht ein aufwühlendes Design, das aber den 3D-Charakter beibehält. Die vielen kleinen Dekorationselemente verschwimmen in der Betrachtung zu einem Anblick. Die Bauten des Barock sind symmetrisch mit einer Gewichtung zur Mitte.
Die Bilder dieser Zeit, oftmals an den Decken der Kirchen, sind m. E. die Vorläufer der Wimmelbilder. Es wuselt nur so vor Figuren und jede scheint eine Geschichte erzählen zu wollen. Zentral ist aber meist Jesus und der Himmel in den Kirchen, ansonsten werden auch Auftraggeber abgebildet. Die Menschen sind übrigens damals so dick abgebildet worden, weil es schick war, dick zu sein.
Im Inneren wird auch mit Pracht nicht gegeizt. Die Altäre sind von Säulen gesäumt und Figuren und Bildnisse unterhalten den Kirchgänger. Die teure Pracht aus Seide und Gold sollte beeindrucken und hatte repräsentativen Charakter.
Auch die Gärten werden im Stil der Zeit errichtet. Vom Eingang ausgehend sind sie streng geordnet und mit Brunnen ausgelegt. Aber keine Bäume oder Hecken, nichts sollte den Blick auf das Schloss verdecken.
Gegen Ende dieser Ära entsteht der Rokoko. Dessen Merkmal ist die Übertreibung der Übertreibung. Noch mehr Reize für das Auge, noch mehr Prunk, noch mehr verschiedene Elemente, die zu einem verschmelzen. Dafür feiner und weniger schwer. Die muschelartigen Ornamente prägen den Namen des Unterstils des Barocks: Roquille. Der Rokoko will sich durch Dezentralismus und Individualismus vom Barock absetzen, ist aber für die Meisten kaum zu unterscheiden.
Die Kirchen des Barock in Oberschwaben aufzuzählen wäre zu mühselig. Nicht ohne Grund gibt es ja eine Oberschwäbische Barockstraße, auf der nicht nur Kirchen, sondern auch etliche Schlösser zu sehen sind. Das Kloster Zwiefalten oder die Dorfkirche Steinhausen geben einen guten Eindruck vom Barock. Die Schlösser Tettnang und Salem sind ebenfalls sehr ausdrucksstark.
Merkmale des Barocks: prächtige Bauten, viele Verzierungen, teure Elemente (z.B. Gold und Seide) und ein symmetrischer Aufbau (nicht mehr beim Rokoko).
Der Klassizismus in Oberschwaben
Nach dem Prunk und der Verschwendung des Barocks, widmete man sich wieder nach der Antike, dem klassische Zeitalter: der Klassizismus (1770 bis 1830). Die Aufklärung kommt über Europa und der Blick geht wieder nach Rom und Griechenland.
Ähnlich der Renaissance steht die Geometrie wieder im Vordergrund. Der Eingang ist von einem vorstehenden Portal mit Säulen gekennzeichnet. Das bekannteste Gebäude dieses Stils ist das Brandenburger Tor in Berlin.
Gebäude der Klassik sind in Oberschwaben nur wenige vorhanden, so wie Teile des Schloss Aulendorf, weil man dort über Jahrhunderte baute. Die Romantik gesellt sich als Gegenposition zum Klassizismus zu dieser Epoche.
Merkmale des Klassizismus: Eingangsportal mit Säulen und klare Geometrie.
Stil des Historismus in Oberschwaben
Mit der Romantik kam auch der Historismus im 19. Jahrhundert nach Oberschwaben. Die romantische Ader der Epoche führt zur Verklärung des Mittelalters und vor allem der Ritter. So interessierte man sich wieder für die Bauart des Mittelalters – von der Romanik bis zur Renaissance. Man baute wieder so wie damals, daher haben diese Stile den Präfix Neo für neu. In dieser Zeit entstehen auch die sogenannten “Englischen Gärten”.
Es war die Zeit des Nationalgefühls und man suchte nach den deutschen Wurzeln. In der Antike gab es noch kein Deutschland, aber man versuchte, die Germanen zwanghaft mit den Deutschen zu identifizieren. So baute man neogotisch auch deshalb, weil man dachte, das wäre urdeutsch. Doch die Goten lebten vor allem in Frankreich und Spanien. Abgesehen davon, waren das Volk der Franken ebenfalls germanisch. Als dies klar wurde, endete der Wunsch nach solchen Kirchen.
Vor allem die Neogotik ist in Oberschwaben zu finden, wie beispielsweise die Kirche in Hundersingen oder die Kirche St. Laurentius in Oggelshausen.
Merkmale: Siehe Entsprechung oben, oftmals Backstein-Gebäude, guter Zustand – da nicht so alt 😉
An Versuchsobjekten fehlt es wirklich nicht und so kann man bei einer Radtour ein Quiz machen! Also los, in welchem Stil wurde die Kirche oder das Schloss erbaut?
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